Brasilien 2019

30 Jahre Nation Maracatu Stern der Elbe im Juni 2023, das gibt nun schließlich doch noch den Anstoß, endlich ein paar Erinnerungen aus unserer Brasilien Reise in 2019 aufzuschreiben.

Nach neun Jahren haben wir es endlich wieder geschafft und steigen mit rund 40 Elbsternen und Freunden zum dritten Mal in Recife aus dem Flugzeug. Voll von Vorfreude und Spannung auf das Wiedersehen mit Nação do Maracatu Leão da Campina, die bevorstehenden Proben, Workshops und Auftritte. Und natürlich auch auf Kokosnussmilch, Sonnenbaden am Strand, Streifzüge durch die Märkte auf der Suche nach seltsamen Früchten und das Eintauchen in die brasilianische Kultur und den Karneval, mit all ihren schönen und nicht ganz so liebsamen Seiten.

Obwohl es viele Ähnlichkeiten zum Besuch vor neun Jahren gab, war es doch ganz anders. Allem voran, dass diesmal schon vorher klar ist, dass wir mit Leão da Campina beim großen Umzug spielen werden. Zur Vorbereitung besuchte uns Hugo, der Mestre von Leão, für Workshops sogar in Hamburg. So ist die Zeit in Recife diesmal auch deutlich enger getacktet. Wir haben nicht nur zusammen mit einer weiteren mit Leão befreundeten Gruppe aus Portugal, die sich Leão in diesem Karneval ebenso anschließen, mehrere Proben, sondern nehmen auch mit Leão an weiteren Auftritten des Karnevals teil. Das war auf der einen Seite total großartig und auf der anderen total anstrengend, denn man wollte ja auch bei Allem dabei sein! Bei der Eröffnungsfeier zum Beispiel. Dort treffen sich die großen Naçãos aus Recife und Umgebung an der großen Bühne mitten in der geschmückten Altstadt. Die Luft ist elektrisiert vor Anspannung und nach gefühlt endlos langen Ansprachen, beginnen wir gemeinsam trommelnd den heiß erwarteten Karneval. Witzige Überraschung: direkt neben uns treffen wir befreundete Spieler der kölner Gruppe Maracatu Colonia, die bei Estrela Brilhante do Recife mittrommeln. Am Ende schlängeln wir uns als Umzug durch die Menschenmassen, in denen ich vor neun Jahren selber noch mit leuchtenden Augen gestanden habe.

Der Höhepunkt aber bleibt natürlich der Umzug, auf den wir uns so lange vorbereitet haben. Bevor wir an der Reihe sind, sehen wir noch einen großen Teil der glitzernden, tanzenden und dröhnenden Parade, staunend und kaum glaubend, das Glück zu haben, ganz bald selber ein Teil davon sein. Der Umzug selbst ist ein verschwommener Traum mit Adrenalin-Höchst-Spiegel und dem Gefühl, für kurze Zeit zu einer Nation zusammen gewachsen zu sein. Alle Blasen, Schweißbäder und brasilianische Wartezeiten sind für den Moment vergessen…

Zwischen all diesen Proben und Auftritten besuchen wir wieder Porto Rico und das erste Mal die Nação Pernambuco, die uns mit einem großartigen Tanz- und Trommel Workshop begeistert. Wie zuvor werden wir wieder herzerwärmend empfangen, umsorgt und sogar traditionell brasilianisch bekocht! Bei der befreundeten Brasilianerin Meya gab es sogar ein riesiges Grillbuffet, was zugegebenermaßen zwar die Gegenleistung für den Auftritt war, aber der wunderschöne Strand, an dem das ganze stattfand und die Möglichkeit, als deutsche Gruppe Brasilianer bezaubern zu können und mit Ihnen an diesem Ort zu feiern, war eigentlich schon mehr als genug.

Ein Umzug in Olinda durfte natürlich auch nicht fehlen, denn hier wird wild verkleidet, wild gefeiert und die Elbsterne begeistert begrüßt. Und natürlich wird wild mit uns getanzt! Es ist jedes Mal wieder ein Erlebnis, auch, dass es uns gelingt, sich durch die bunten engen Gassen mit den noch bunteren Menschenmassen, Hügel hoch und runter zu trommeln. Diesmal stellte sich der Umzug außerdem hitzetechnisch noch als der Herausforderndste dar. Es ist immer wieder verblüffend, dass man vier Liter am Tag trinken kann, ohne ein stilles Örtchen zu benötigen. Wie viel angenehmer sind da die Auftritte in der Nacht. Oder nach einem Regenguss, von denen es auf dieser Reise im Gegensatz zum letzten Mal Einige gab. Man wollte allerdings nicht wissen, ob es wirklich nur Regenwasser war, durch das man dann beim großen Umzug lief, der traditionell barfuß gespielt wird…

Wenn nach diesen heißen Tagen dann die kühleren Abende – „kühl“ = nur noch 25 Grad ohne direkte Sonneneinstrahlung – anbrachen, verbrachten wir sie gern auf den Eingangs Treppen unseres Hotels, das gegenüber vom Strand lag. Immer unter den wachsamen Augen der Hotel Security, die uns jedesmal wieder neu darauf hinwies, im Dunkeln ja nicht an den Strand zu gehen, was natürlich sehr verlockend war. Aber wir wagten es nicht, denn die nicht zu unterschätzende Schatten Seite Brasiliens ist uns auch diesmal wieder oft begegnet: MP bewachte Innenstädte, Uber-Fahrer, die ganz legitim nachts über leere Straßen und rote Ampeln rasen, weil zu langsam fahren und anhalten zu gefährlich ist oder die im Dunkeln nicht in die Favelas fahren wollen um uns abzuholen, weil sie eine Falle wittern. Glücklicherweise ist aber auch dieses Mal nichts passiert.

Mal sehen, wenn wir unseren 9-Jahres Rhythmus beibehalten, müssten wir 2028 wieder ins Flugzeug nach Recife steigen.. Denn auch wenn die Reise recht fordernd war – dort zu sein, die Heimat des Maracatu zu erleben, mit Brasilianern in den Straßen der Favelas zu trommeln und die Energie des Karnevals und dieses Landes zu spüren, hinterlässt die Sehnsucht, eines Tages wieder zurück kehren zu können. Zurück in die Hitze mitten ins Getümmel mit erschöpft glücklich lachenden Gesichtern.

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