Mein erstes Coburg-Samba-Festival
Dieses Jahr (2023) fuhr ich erstmalig mit zum Samba-Festival nach Coburg. Was für ein Erlebnis – ich bereue es keinen Moment. Die Kleinstadt Coburg verwandelt sich für ein Wochenende und lässt brasilianische Vibes in die historische Altstadt herein. Rund siebzig Gruppen mit Hunderten von Sambistas fluten die Stadt, an jeder Ecke steht eine Bühne, Samba-Klänge überall. Samba total – und dazwischen etwas Maracatu.
Es beginnt schon bei der Anreise. Kaum öffnet der Bus vor der Schule, in der viele Gruppen untergebracht sind, die Türen, klingen die ersten Klänge von Gruppen, die spontan üben oder jammen. Leute in Auftritts-Outfits, teilweise wild geschminkt und geschmückt laufen kreuz und quer. Auch wir haben am Anreisetag schon zwei Auftritte.
Jeder Auftritt ist einzigartig und oft ganz anders als erwartet. Mal sitzen Leute abwartend auf Bänken, mal drängeln sich Angetrunkene im Rücken der Band auf der Suche nach einem Geldautomaten. Mal sind Mitglieder anderer Gruppen da und machen Stimmung oder freuen sich über und mit uns. Mal wird nur geschaut, mal getanzt. Spätestens wenn der Hofstaat einzieht, gehen die Handys nach oben. Der Hofstaat macht uns einzigartig, keine andere Gruppe hat so etwas. Die Loa „Nago Nago“, die wir bei jedem Auftritt spielen, transportiert Geschichte
In der spielfreien Zeit laufe ich allein oder mit kleinen Gruppen durch die Stadt. Ich möchte so viele Gruppen wie möglich sehen und bekomme doch nur einen kleinen Ausschnitt mit. Manche sind mittelmäßig, manche atemberaubend, aber allen merkt man an, dass sie sich auf diesen Moment, auf dieses Wochenende gefreut und vorbereitet haben. Besonders freudig ist die Begegnung mit Maracatu Munique – manches klingt vertraut, manches machen sie besonders, auf ihre Weise. Sie freuen sich, wenn sie uns im Publikum sehen und wir, wenn sie uns zuschauen. Die Stimmung wird immer gelöster, es ist wie ein Rausch aus Klängen, Begegnungen, Bewegungen …
Übernachten mit vielen anderen in einem Klassenzimmer, die elende Frage wer wann, wieviel und wie laut schnarcht, darauf könnte ich gut verzichten, aber für ein Wochenende kann man das wohl in Kauf nehmen. Dass ich Frühaufsteher bin, verschafft mir zumindest beim reichhaltigen Frühstück einen Vorteil: wer länger schläft muss ewig lange anstehen.
Es ist heiß an diesem Wochenende, was irgendwie zu der flirrenden Stimmung passt. Am Samstag Nachmittag braut sich ein Unwetter zusammen. Ich lande im Versorgungszelt, dass sich prall mit Instrumenten und Leuten füllt. Maracatu mittendrin. Wir fangen an zu singen, ein paar haben ihre Instrumente griffbereit und schon bebt das Zelt. Viele sind begeistert, nur einige stieren starr vor sich hin und finden das wohl nicht so toll. Egal, das war großartig, unvergesslich. Irgendwann geht es wieder nach draußen – von dem Unwetter habe ich kaum etwas mitbekommen.
Am Sonntag geht es noch einmal herunter in die Stadt. Ein Coburger lehnt aus dem Fenster und fragt: kann ich Euch fotografieren? – Klar, gerne. Schön haben Sie es hier. Wir kommen gerne wieder im nächsten Jahr!
Andreas Schmidt-Rhaesa