Brasilien 2010
Wir waren dabei! Wir haben 2010 beim Karneval in Brasilien mitgespielt!
Woher kommt der Maracatu und welche Bedeutung haben die Töne und Bewegungen, die wir alle mit großer Freude und Begeisterung lernen. Mitreißend ist er und fährt ganz automatisch in die Beine des Publikums. Jetzt sind wir zum Ursprungsort des Maracatus gefahren und hatten dort die Möglichkeit uns alles selbst anzugucken und mitmachen zu dürfen!
Wir sind eine Trommlertruppe von fast 90 Personen, die sich einmal in der Woche treffen um Maracatu zu spielen. Wir spielen seit Jahren bei verschiedenen Auftritten auf Bühnen, auf Straßen, mit Kinderlaternenumzügen genauso engagiert, wie beim riesigen Karneval der Kulturen in Berlin. Auf Festivals und Hochzeiten-überall ist das Publikum begeistert und überrascht.
Nun geht es nach über einem Jahr Vorbereitung los: Wir fliegen mit über 60 Leuten nach Recife-zur Wurzel des Maracatu. Hier ist er geboren und hier wird er praktiziert von unzählbar vielen Gruppen, für die der Maracatu kein Hobby ist, zu dem man sich einmal in der Woche trifft. Maracatu ist hier eine Lebenseinstellung, eine Familie (manchmal die einzige). Maracatu wird hier ausschließlich vom ärmeren Teil der Bevölkerung gespielt, die in den sogenannten Favelas leben. Ärmere Stadtviertel, häufig richtige Slums, in denen der Zugang nicht ungefährlich ist und der Maracatu und seine Strukturen mit streng organisierter Hierarchie vielen den nötigen Halt gibt.
Wir haben das große Glück, in unserer Zeit in Recife mehrere Gruppen besuchen zu dürfen. Das braucht einige Vorbereitung. Wir erhalten Geleitschutz um uns in den jeweiligen Stadtvierteln überhaupt sicher bewegen zu können. Wir werden überall sehr herzlich begrüßt. Allein die Tatsache, dass da so viele weißhäutige Menschen aus einem fernen Land Maracatu kennen und sogar spielen versetzt alle in Erstaunen. Mit großem Stolz werden uns die prächtigen Kostüme der zum Teil riesigen Tanzgruppen gezeigt. Viele Gruppen praktizieren Rituale der mit dem Maracatu eng verwebten Candomblé Religion. Es gibt teilweise gewöhnungsbedürftige Blutopfer und rituelle Tänze, die man uns auch ausführlich zeigt und erklärt.
Während wir, ohne uns zu bewegen, aus allen Poren schwitzen, sind wir erstaunt über die nicht enden wollende Energie, mit der die brasilianischen „Kollegen“ tanzen und spielen.
Wir freunden uns besonders eng mit der Gruppe „Leao da Campina“ an. Der Leiter (Hugo) ist so begeistert von uns und unseren Spielkünsten, dass er uns erlaubt bei dem für die Gruppe wichtigsten Auftritt des Jahres, der sogenannten Passarela, in der Innenstadt Recifes mitzuspielen. Zehn Spieler von uns werden ausgewählt und erhalten die verfügbaren handgefertigten Kostüme. Alle anderen kommen natürlich mit und feuern die Gruppe an, als sie endlich um 6 Uhr morgens auftreten.
Dann geht es ins Hotel direkt zum Frühstück und danach erschöpft ins Bett.
Damit nicht genug. Wir dürfen am nächsten Tag alle beim religiösen Höhepunkt der Maracatugruppen mitspielen. Die „Noite dos tambores silenciosos“-die „Nacht der schweigenden Trommeln“. Bei diesem Ritual versammeln sich alle Maracatu-Trommlergruppen, um den Seelen der Verstorbenen zu gedenken-alles in strenger Tradition des Candomblé und alles „eigentlich“ nur den traditionell geführten Gruppen vorbehalten. Dazu gehören wir nicht wirklich, aber „eigentlich“ ist in Brasilien ein dehnbarer Begriff. Das lernen wir jeden Tag während unserer Reise.
So ist der Karneval hier-wenig Schlaf, jede Menge Musik, Caipirinha, Tanz, Spaß und Schweiß. Für uns aus dem europäischen Winter eingeflogenen Europäer wahnsinnig anstrengend aber so mitreißend und lehrreich, dass alle durchhalten. Wenn wir nach einem weiteren kräftezehrenden aber jedes Mal stark bejubelten Auftritt mal wieder ins Hotel zurück kehren, huldigen wir alle der kühlenden Klimaanlage und fallen erschlagen aber mit einem glücklichen Gefühl für ein paar Stunden ins Bett.
Wir haben auf dieser Reise soviel Neues gelernt, dass es lange dauern wird, das alles zu verarbeiten. Wir sind uns alle einig, dass das nicht der letzte Besuch bei den Wurzeln des Maracatus gewesen ist. Alle Gruppen würden sich freuen, wieder einmal gemeinsam mit den verrückten Deutschen zu spielen.
Recife-wir kommen wieder!